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Fotos: Andreas Klein

Wenn man den Worten einiger Aussteller und langjährigen Messebesuchern glauben schenken darf, dann dürfte die InterKarneval 2010 wohl die letzte "Erlebnismesse für Karneval und Brauchtum" in den Hallen der Koelnmesse für den Großteil der Aussteller und Besucher gewesen sein: Der Eröffnungsfreitag war noch einmal weitaus schwächer besucht als in den Vorjahren. Zu Beginn stürmten zwar rund 200 Besucher in die Ausstellungshalle 2.2, doch dieser anfängliche Besucherstrom ließ sehr schnell nach - und ab Mittags war die Halle 2.2 größtenteils verwaist. Einige Aussteller saßen bereits gegen 15.00 Uhr vor ihren Ständen und überlegten ernsthaft, ob sie nicht den Stand zu machen und die warme Sommersonne geniessen sollten ...

Der Samstag der InterKarneval startete ebenfalls vielversprechend: Gegen 11.00 Uhr tummelten sich einige hundert Besucher in den Gängen der Ausstellungshalle und die Gesichter der meisten Aussteller waren durchweg freudestrahlend ... bis dann gegen Mittag wieder die Hallen merklich leerer wurden. Gegen 15.00 Uhr waren zwar noch sicherlich zwei-, dreihundert Besucher in den Messehallen unterwegs, doch viel passierte auch hier nicht mehr. Den kurzfristig organisierten Auftritt der Band "Leo Colonia" auf dem Stand des Großhandelsunternehmens "FEGRO/SELGROS" schauten sich vielleicht 100 Besucher an - schade, denn als "Zugabe" gab es Wurfmaterial en masse von den durchweg jecken Mitarbeitern des Großhändlers mit neuer Niederlassung in Köln-Ossendorf.

Und auch am morgigen Sonntag wird es, wenn überhaupt, in den Vormittagsstunden auf der InterKarneval voll werden - nachmittags wird pünktlich um 16.00 Uhr das WM-Achtelfinalspiel der deutschen Fußballnationalmannschaft gegen England angepfiffen. Und spätestens dann werden die Aussteller größtenteils unter sich sein ...

Doch woran mag es liegen, dass die InterKarneval nicht mehr die Massen anziehen kann, wie es noch vor wenigen Jahren der Fall war? Es einzig und allein daran festzumachen, dass die beiden Großaussteller METRO und Handelshof nicht mehr dabei sind, wäre zu einfach. Wir sehen bei der InterKarneval eher ein strukturelles Problem. Mit dem Bund Deutscher Karneval (der auch auf der Messe mit einem Stand vertreten ist, an dem sich weitere 21 Karnevalsverbände als Unteraussteller präsentieren) und dem Festkomitee Kölner Karneval (die in diesem Jahr lediglich noch mit der Festwagenausstellung präsent sind), hat die InterKarneval zwar zwei starke Partner - doch so lange diese beiden Partner nicht auch in die Messeplanung integriert werden, sehen wir für die Messe relativ dunkelgrau!

Bei unseren Gesprächen mit Ausstellern und Besuchern haben wir folgende Kritikpunkte am meisten vernommen:

Eintrittspreis: Die Tageskarte für die InterKarneval kostete, wie im Vorjahr, 15,00 € (ermäßigt 11,00 €). Hinzu kommen für diejenigen, die mit dem PKW anreisen satte 8,00 € (!) Parkgebühren. Für zwei Vollzahler, die mit dem PKW anreisen, kostet der Messebesuch also schon einmal 38,00 € - viel zu hoch für das, was den Besuchern dann in den Hallen geboten wird.

Qualität der Aussteller: Braucht eine InterKarneval jedes Jahr noch mehr Ordenhersteller als Aussteller? Neben den regionalen Größen wie Orden Bley Prägaform GmbH aus Bonn und bundesweit bekannten Herstellern wie z. B. Orden Sack oder der Fa. Laib waren in diesem Jahr auch jede Menge kleine Ordenmanufakturen vertreten - die letztendlich alle doch nur das Gleiche zeigten, weil die meisten Hersteller aus Kostengründen gar nicht mehr selbst produzieren, sondern die Waren in Asien für Cent-Beträge herstellen lassen. Und was hat, bitte schön, ein Hersteller von Handmassagegeräten auf einer Karnevalsmesse zu suchen? Da fällt der Stand einen Spirituosenherstellers, dessen Getränk einen "bösen Namen" hat (BRINGS würde "poppen" sagen ...) unseres Erachtens schon gar nicht mehr ins Gewicht ...

Tanzworkshops: Wir sind am Samstag mit einer erfahrenen Tanztrainerin, die seit Jahren bereits mehrere Tanzgruppen aus Köln und der Region trainiert, zu den Tanzworkshops in der Halle 2.1 gegangen und haben uns dort umgeschaut. Selbst für den tänzerischen Laien war dort schnell zu erkennen, dass auch die Tanzworkshops an Qualität eingebüsst haben! Es kann nicht sein, dass bei Hebetrainings den Tänzern Techniken beigebracht werden, die bei der Gehobenen zu tiefblauen, schmerzhaften Blutergüssen führen! Da muss dann auch ein Trainer einschreiten und ggfs. korrigieren. Wenn dieser Trainer aber damit beschäftigt ist, für seine frisch übernommene Kölner Tanzgruppe Mädchen aus anderen Tanzgruppen der Region abzuwerben und bei den Übungen gar nicht hinschaut, ist es durchaus verständlich, dass es zu solchen eklatanten Fehlleistungen kommt.

Männerballette: Kompliziert war der Zugang zur Deutschen Meisterschaft der Männerballette ... einen direkten Zugang aus den Hallen 2.1 (Tanzworkshops), 2.2 (Ausstellungshalle) und 3.2 (Showbühne) zur Halle 3.1 gab es nämlich nicht! Man musste zuerst den Bereich der "InterKarneval 2010" verlassen, um dann durch einen anderen Eingang die Halle 3.1 betreten zu können. Dadurch wurde der Wechsel von der einen zur anderen Veranstaltung unnötig erschwert, ja teilweise sogar verhindert - denn wer die InterKarneval verließ, um bei den Männerballetten vorbei zu schauen, konnte später nicht mehr zurück in die Messehalle. Dieses sorgte dann auch dafür, dass so gut wie keine Männerballette auf der InterKarneval vorbei schauten.

Bühnenprogramm: Die Künstler, die am Freitag auf der Showbühne in Halle 3.2 standen, konnten einem richtig leid tun! Moderator Bruno Eichel hatte wenigstens noch Galgenhumor, als er anmerkte, dass man zur Zeit extreme Probleme hätte, die Massen an Zuschauern in den Griff zu bekommen ... für die anwesenden 30 bis 40 Zuschauer war es jedenfalls kurzweilig. Am Samstag verirrten sich dann ein paar mehr Besucher zur Showbühne. Aber selbst dort - in den Vorjahren ein wahrer Zuschauermagnet - war es merklich leerer geworden. Verständlich, denn den Gästen wird jedes Jahr das gleiche Programm geboten. Die Künstler der großen Kölner Künstlervereinigungen geben sich die Klinke in die Hand, Nachwuchskräfte oder gute Künstler aus dem rheinischen Umland findet man so gut wie gar nicht (die treten dann schon eher auf dem FEGRO-Stand auf, wie z. B. eine sehr gute Tanzgruppe aus Neuwied am heutigen Samstag ...). Und für den morgigen Sonntag haben bereits einige Künstler ihren Auftritt abgesagt: "Was soll ich denn nach 15.00 Uhr auf der Showbühne? Da ist doch keiner mehr da, die suchen sich doch schon alle einen Schattenplatz fürs WM-Achtelfinalspiel!", so ein Künstler heute erbost zu uns.

Umgang mit den Ausstellern: Einige Aussteller zeigten sich auch vom Umgang der Koelnmesse mit ihnen enttäuscht: "Wir kommen schon seit Jahren zur InterKarneval. Bislang gab es immer einen Ausstellerabend, den wir gerne angenommen haben. In diesem Jahr wurde er ersatzlos gestrichen.", so ein Aussteller zu uns. Andere Aussteller finden die Preise für die Stände zu hoch oder wundern sich darüber, dass mit zweierlei Maß gemessen wird: "Wir kommen seit Jahren zur InterKarneval und zahlen jedes Jahr unsere volle, nicht gerade geringe, Standmiete. Andere Aussteller drohen dann damit, dass sie nächstes Jahr nicht mehr wiederkommen - und bekommen prompt erhebliche Nachlässe auf ihre Standmiete. Wir wissen sogar, dass einige Aussteller schon seit Jahren gar nichts für ihre Stände bezahlen. Das ist unfair gegenüber den treuen Ausstellern!", so ein weiterer Aussteller. "Wenn es sich dabei um Aussteller handeln würde, die Kunden auf die Messe ziehen - wie z. B. früher eine METRO oder ein Handelshof - kann ich dies ja noch verstehen und würde es auch akzeptieren. Aber es sind kleinste Aussteller, deren Angebote mehr als fragwürdig sind.", so der erboste Aussteller weiter.

Fazit: Die InterKarneval sollte - nein, sie MUSS - sich neu erfinden. Ansonsten sehen wir für die "Erlebnis"messe rund um Karneval und Brauchtum, wie bereits geschrieben, mehr als dunkelgrau! Es gibt feste Größen, die man auf dieser Messe braucht. Aber man sollte auch mal über den Kölner Tellerrand schauen ... was spricht denn dagegen, wie es auch ein Kollege einer Online-Tageszeitung bereits gefordert hat, neben den Kölner Rosenmontagszugwagen auch mal einen Wagen aus Düsseldorf oder aus Aachen auf der Messe zu präsentieren? Oder anstatt von Workshops, die offensichtlich nur wenige Leute interessieren (beim Workshop am Samstag mittag saßen vielleicht zehn Leute im Vortrag), auch mal Workshops für Redner oder Musiker auf der InterKarneval anzubieten. Das Festkomitee Kölner Karneval hat hier mit seinem Literarischen Komitee doch ausgewiesene Fachleute für solche Workshops in den eigenen Reihen.

Die InterKarneval gab es in diesem Jahr zum neunten Mal, im siebten Jahr nun unter der Regie der Koelnmesse Ausstellungen GmbH. In den neun Jahren hat sich nicht viel verändert: Es gab einen Anbieterwechsel, der Bund Deutscher Karneval und das Festkomitee sind nun mit im Boot und man hat Aussteller kommen und gehen sehen. Am Konzept selbst wurde aber in der Zwischenzeit - einmal abgesehen vom kurzen Gastspiel der Schützen - nicht viel verändert. Wenn man nun aber feststellt, dass das vorhandene Angebot die Besucher nicht mehr anzieht, was spricht denn dagegen, das Angebot attraktiver zu gestalten? Wir wundern uns da sowieso schon seit einigen Jahren, dass die Koelnmesse ihre vorhandenen Ressourcen hier nicht besser nutzt ... vielleicht fehlt es ja auch einfach nur an kreativen Ideen.

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