06.01.: Kostümsitzung der Schlenderhaner Lumpe

Fotos: Andreas Klein

Wissen Sie, was für einen Karnevalsreporter purer Luxus ist? Sich einmal einen ganzen Abend gemütlich in einen Saal zu setzen und eine Karnevalssitzung von vorne bis hinten mitzuerleben. Das haben wir heute Abend wieder einmal gemacht - und uns im Pullman Cologne Hotel bei der Prunk- und Kostümsitzung der K.G. Schlenderhaner Lumpe äußerst gut unterhalten gefühlt. Und das lag sicherlich auch mit am Programm, welches Literat Harald Kaspers quasi als Generalprobe für die Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen der Gesellschaft in der nächsten Session auf die Bühne gezaubert hat.

Ach ja, Bühne ... derjenige, der den technischen Bühnenaufbau (Licht und Lautsprecher insbesondere über der Bühne) konzipiert hat, sollte dringend über einen Jobwechsel nachdenken! Es kann nicht sein, dass selbst unsere "bodennahen Traditionstanzgruppen" wie z. B. die Hellige Knäächte oder die Tanzgruppe Kölsch Hännes´chen hier Gefahr laufen, bei einfachsten Hebefiguren den Mädels die Köpfe an den Boxen blutig zu schlagen - von schwereren Verletzungen mal ganz abgesehen. Und Tanzgruppen, die mit Würfen und Stunts eine akkrobatische Höchstleistung präsentieren, für die gilt auf dieser Bühne nach unserer Meinung teilweise echte Lebensgefahr, wie auch unser nebenstehendes Foto eindrucksvoll zeigt (und das ist "nur" eine Hebefigur).

Doch der Reihe nach ... zur Eröffnung der Sitzung braucht man eine Korpsgesellschaft, die mit lautem Tamtam anzeigt, dass es losgeht. Diese Aufgabe übernahmen heute die Roten Funken aus Hürth-Gleuel, die eindrucksvoll zeigten, dass es auch im Kölner Umland adrette Korps gibt. Und Kommandant "Bärchen", der seinem Namen wahrlich alle Ehre macht, entwickelte sich auf der Bühne zum echten Tanzbären. Hier können sich die steifen Kommandanten der Kölner Korps mal eine Scheibe von Abschneiden! Mit Tanzpaar und Damentanzcorps, einem spielfreudigen Musikzug und eben dem "Tanzbärchen" verging die Zeit wie im Fluge - und das bei einer Korpsgesellschaft!

Ein Hochgenuss in der Bütt war die Rede von Jupp Menth als "Ne kölsche Schutzmann", der als einer der letzten Redner seine gesamte Rede in kölscher Mundart präsentiert. Menth ist ja von den "großen Bühnen" Kölns abgetreten, weil man dort eben nicht mehr bereit war, die kölsche Sprache zu pflegen und unserem Schutzmann nahegelegt hatte, doch in Hochdeutsch zu sprechen. Aber mal ganz ehrlich, liebe Literaten - die Rede vom kölschen Schutzmann funktioniert nur in breitestem Kölsch! Wem das nicht passt, er soll ihn halt nicht buchen. Da bleibt Jupp Menth mehr Zeit für die Gesellschaften, welche die Kölner Mundart noch pflegen. Wie zum Beispiel auch die Schlenderhaner Lumpe. Standing Ovations und eine Rakete für den kölschesten der Kölner Büttenredner!

Einen fulminanten Auftritt legten auch die Klüngelköpp auf die Pullman-Bretter. Es ist gut zu sehen, dass junge Bands nachwachsen, denn irgendwann wird das Kölner Kleeblatt in Rente gehen (müssen). Und dann stünde Köln vor einem großen Problem. Doch Bands wie die Domstürmer und auch natürlich die Klüngelköpp sind hier auf einem guten, richtigen Weg. Bei den Klüngelköpp wechseln sich leise Töne mit powervollen Elementen - und auch in diesem Jahr ist die Percussionnummer, die noch einmal erweitert wurde, ein absolutes Highlight des Auftritts der sechs Schlägerkappenträger.

Obwohl man bei der K.G. Schlenderhaner Lumpe ein eigenes, starkes Tanzcorps in der Gesellschaft hat, bietet man auch anderen Tanzgruppen auf den Sitzungen eine Bühne. Heute durften die Kölner Rheinveilchen zeigen, was man in den vergangenen neun Monaten gelernt hat - und da braucht man sich, wie auch in den Vorjahren, hinter keiner anderen Gruppe zu verstecken! Die Kölner Rheinveilchen gehören schon seit Jahren, ja Jahrzehnten, zu den Top-Tanzgruppen im Kölner Karneval und sind auch weit über die Grenzen Kölns hinaus bekannt und gerne gebucht. Akkrobatische Höchstleistungen, immer wieder mal das ein oder andere neue Element - das will das Publikum sehen. Und die Rheinveilchen bieten dies - auch unter den widerlichen Bedingungen der Pullman-Bühne. Da kommt dann schon einmal die ein oder andere Hebefigur runter - aber nicht weil die Tänzer diese nicht könnten, sondern weil eine Box der Tänzerin einfach einen "Knockout" verpasst hat. Und wenn der Tanzpartner dann die Hebefigur mal versemmelt, weil ihn die Kraft verlassen hat - dann ist man als Tänzerin nicht böse, sondern lacht einfach herzhaft darüber. Das ist menschlich und zeigt, dass die Kölner Tanzgruppen aus Idealisten bestehen, die Spaß an ihrem Sport haben ... was leider bei vielen Gesellschaften heute viel zu wenig gewürdigt wird.

Mittlerweile war die Gesellschaft im Programm schon arg aus den zeitlichen Fugen geraten. Doch vor der (verkürzten) Pause musste noch ein Redner auf die Bühne. Bauchredner Klaus Rupprecht mit seiner vorlauten Handpuppe Willi brachten die Jecken in einem leicht verkürzten Programm ("Sie sollen ja auch noch etwas von der Pause haben ...") zum Lachen. Auch Klaus Rupprecht gehört mittlerweile fest zu den Top-Rednern im Kölner Karneval und begeisterte mit seiner aktuellen, erstklassigen Rede die Jecken im Saal. Da blieb es natürlich nicht aus, dass auch hier Standing Ovations und eine Rakete folgten - aber erst nach einer kleinen Zugabe, ohne die das Publikum den Redner nicht gehen lassen wollte.

Nach der Pause präsentierte sich das gesellschaftseigene Tanzcorps "Colonia Rut-Wieß" ... was sollen wir hier noch Schreiben? Ach was, wir lassen einfach Bilder sprechen:

 

Über die nächste Band wurde in den letzten Wochen viel geschrieben. Wenn man die Musiker aber auf der Bühne sieht, erkennt man Spielfreude, Spaß am Karneval ... aber keine Band, die sich nach Aschermittwoch von ihrem Frontmann trennt: Die Paveier zeigen eindrucksvoll, dass man eine professionelle Band ist, die auch in der wohl letzten Session mit Micky Brühl noch einmal die Säle aufheizen wird. Im Pullman Cologne heute jedenfalls schafften es die Paveier, die Jecken von der ersten bis zur letzten Minute zu begeistern.

Welcher Redner traut sich um kurz vor 1.00 Uhr nachts denn noch auf die Bühne einer Sitzung, auf der vorher eine Tanzgruppe und die Paveier den Saal in ein Tollhaus verwandelt haben? Richtig, ne Blötschkopp! Unser Blötschkopp versteht es jedoch, alleine durch sein Erscheinen auf der Bühne mucksmäuschenstill zu bekommen - klar, ansonsten gäbe es auch Rundumschläge von der Bühne! Da ist jeck lieber freiwillig still. Diejenigen, die es dann verpasst haben, noch rechtzeitig die Keramikausstellung in der zweiten Etage des Pullman aufzusuchen, werden diesen Fehler nun spätestens nicht mehr begehen. Marc Metzger ist auch in dieser Session in einer beängstigenden Frühform - und wenn man weiß, dass er seine Rede (Welche Rede?) innerhalb der Session immer wieder ein bisschen verändert und verfeinert ... macht einem die Frühform schon fast etwas Angst. Vom Redner, den die BILD Köln zur Pinkelnummer erklärte, bis zum Büttenstar im Kölner Karneval war für Marc Metzger kein langer, steiniger Weg. Hoffen wir daher, dass die Gesundheit in dieser Session hält. Diesen Mann MUSS man in dieser Session einfach gesehen haben.

Im weiteren Programm des Abends sorgten dann noch "Botz un Bötzje" sowie die Kölschrocker von BRINGS ... wir mussten uns jedoch bereits vorzeitig verabschieden, denn morgen und übermorgen haben wir einen strammen Plan zu absolvieren. Da muss man fit sein! Alaaaaf! ;-)

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